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Frauenberkapelle Quelle: Kirchenführer von Dr.Claudia Grund
Weithin sichtbar über Eichstätt liegt malerisch die Frauenbergkapelle.
Von diesem bei Stadt- und Landbevölkerung beliebten Marienheiligtum erhielten auch der früher 'Waschette' oder 'Hasenbuck' genannte Bergrücken und Teile der an seinem Fuß gelegenen Sebastiansvorstadt den Namen 'Frauenberg'.
1720 ließ der in hohem Alter zunehmend gebrechliche und gichtleidende Eichstätter Fürstbischof Johann Anton I. Knebel von Katzenellenbogen (1705 - 1725) östlich seines Residenzschlosses, der Willibaldsburg, eine Madonnenstatue aufstellen. Eine Legende berichtet von dem Bildnis, der Fürst habe es aus einem Holzstamm anfertigen lassen, der lange vor dem Eingang der Hofschreinerei auf der Willibaldsburg gelegen und, obwohl völlig ausgetrocknet, plötzlich einen Zweig mit frischen Blättern getrieben habe. Die am 28. Oktober 1723 benedizierte Statue war zunächst nur durch ein hölzernes Dach und durch Bretterwände vor der Witterung geschützt und erfreute sich bald der Verehrung durch die Bevölkerung. Unter Fürstbischof Johann Anton II. von Freyberg (1736-1757) wurde der heute bestehende Kapellenbau 1738-1739 errichtet und 1751 konsekriert.
Dem Stil nach ist er ein Werk des Eichstätter Hofbaudirektors Gabriel de Gabrieli (1671-1747). Das östlich an die Kapelle grenzende, heutige Mesnerhaus ließ sich der Eremit Paul Jakob Kastner (gestorben 1767) auf eigene Kosten als Klause erbauen. Daran erinnert ein Steintafel an der Nordseite des Gebäudes.
Das intime Innere der Kapelle strahlt höfische Eleganz und unbeschwerte Heiterkeit aus. Das Bauwerk besteht aus einem kleinen längsrechteckigen Zentralraum mit abgerundeten Ecken und Doppelkuppel. Östlich schließen die mit Halbkuppel gewölbte Altarnische und westlich ein flachdeckter Vorraum mit später eingebauter Orgelempore an. Je zwei Stichbogenfenster an der Nord- und Südseite versorgen den Innenraum mit strahlender Helle. Reizvoll und von geradezu theatralischem Effekt ist die Anlage der Doppelkuppel, von der Gabrieli vielleicht durch die 1716-1718 erbaute Klosterkirche der Gebrüder Asam zu Weltenburg angeregt wurde. So öffnet sich die Scheitelfläche des sanft ansteigenden Hauptraumgewölbes und gibt durch einen rechteckigen Ausschnitt den Blick auf ein zweites Spiegelgewölbe frei, das indirekt durch zwei dem Betrachter verborgene Ovalfenster beleuchtet wird.
Die Wände des Innenraums sind sparsam gegliedert. Allein das Gewölbe der Altarnische und die untere Kuppelwölbung sind mit eleganten Frührokokostukkaturen aus Bandel- und Muschelwerk von Franz Xaver Horneis (gestorben 1749) geschmückt. Unter einem Stuckbaldachin an der Ostseite des unteren Kuppelgewölbes benennen zwei Wappen und Namensinschriften die Fürstbischöfe Johann Anton I. und Johann Anton II. als Gründer bzw. Erbauer der Kapelle. Die Chronogramme unter den Wappen -die hervorgehobenen Buchstaben sind zugleich römische Ziffern und ergeben dieJahreszahlen 1720 und 1739- verweisen auf die Entstehung des Heiligtums:

QVAS STRT HVIVC SACRAS PRIMI SAPI ENTIA SE ES -
EXIMIA CAEPTAS AVXIT PETATE SEICVNDV

('Welchen geheiligten Sitz hier die Weisheit des Ersten errichtet hat - hat das Begonnene der Zweite mit außerordentlich frommer Gesinnung vermehrt').
Die Deckengemälde des in Wernfels bei Spalt gebürtigen Joseph Dietrich (1696-1745) haben Leben und Verehrung der Jungfrau Maria zum Thema. Das aufgrund der raffinierten Beleuchtung scheinbar schwebende Fresko der oberen Kuppel zeigt die himmlische Szene der Krönung Mariens durch die heiligste Dreifaltigkeit. Das Wappen des fürstlichen Landvogtes Karl Franz Anton Joseph Waldbott von Bassenheim (gestorben 1744) verweist auf den Stifter des Freskenschmuckes. Auch der Maler Dietrich hat hier seine Signatur und die Jahreszahl 1739 hinterlassen. An den Wangen der unteren Kuppel verbildlichen drei ovale Medaillons Szenen aus dem Marienleben: Mariä Geburt, Verkündigung und Aufnahme in den Himmel. In vier weitern ovalen Medaillons tragen Putten von göttlichem Licht durchstrahlt Kränze aus Rosen, Lilien , Palmzweigen und Sternen empor. Es sind Sinnbilder der Tugenden und des himmlischen Lohns der Jungfrau Maria.
Das verehrte Marienbild in der Altarnische zeigt Maria als gekrönte Himmelkönigin mit dem Zepter und dem göttlichen Kind auf ihrem rechten Arm. Ihr Haupt ist vom Zwölf-Sterne-Kranz der Apokalypse umgeben. Das heutige Aussehen der Gottesmutter und ihres Kindes ist entscheidend von Überarbeitungen der Zeit seit 1853 geprägt. So wurde Maria durch Abarbeiten der Wangen ein strengeres und hoheitsvolleres Aussehen verliehen. Wohl versuchten die folgenden Restaurierungen das barocke Aussehen wiederzugewinnen, doch beinflussen die Eingriffe des 19. Jahrhunderts noch immer deutlich das Erscheinungsbild des Bildwerkes.
Auf die Restaurierung von 1941-1942 geht der jetzige Bestand des Altares und seiner Aufbauten zurück. Unter Verwendung barocker Elemente, wie die beiden seitlichen Leuchterengel der Zeit um 1700 und der vier zierlichen Rokokoengelchen des 18. Jahrhunderts, wurde der um 1853 völlig umgestalteten Anlagen neuerdings eine zum übrigen Kapelleninnenraum passende Gestalt verliehen. Das Mittelbild des barocken Antependiums mit einer Darstellung der 'Heimsuchung', also des Besuches Mariens bei ihrer Base Elisabeth, gestaltete gleichzeitig die Benediktinerin Dorothea Brockmann (1899-1983) aus der Abtei St. Walburg.
Zur Ausstattung des zuletzt 1972 restaurierten Raumes gehören ein Kruzifixus mit Mater Dolorosa und ein vornehmer Hl. Sebastian, die beide wohl in die Entstehungszeit des Gnadenbildes gehören. An den Wänden finden sich zudem qualitätvolle Kreuzwegstationen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und vier versilberte Barockbüsten der Heiligen Willibald und Walburga, Stilla und Notburga. Das schmiedeeiserne Abschlußgitter der Vorhalle aus der Frühzeit des 18. Jahrhunderst stammt aus dem Willibaldschor des Domes und wurde im 19. Jahrhundert in die Kapelle eingebaut. Jüngstes Ausstattungsstück ist die 1995 aufgestellte Orgel des Orgelbauers Andreas Ott aus Bensheim a.d. Weinstraße.
Die Wandgliederung des Kapellenäußeren beschränkt sich auf Ecklisenen und schlichte Fensterrahmen. Auf der Nordseite befindet sich eine mit reichem Blendmaßwerk geschmückte spätgotische Steinkanzel des späten 15. oder frühen 16. Jahrhunderts. Sie wurde 1853 von der zu Ende des zweiten Weltkrieges zerstörten Dreifaltigkeitskapelle westlich der Stadt, einer Flurumgangsstation, zur Frauenbergkapelle verbracht. Aus den Jahren 1994 bzw. 1995 stammen die Holzbildwerke der Diözesanheiligen Willibald und Walburga des Bildhauers Wieland Graf.
Eine schattenspendende Allee aus bereits ab 1875 gepflanzten Kastanienbäumen markiert den malerischen Wallfahrtsweg zum Marienheiligtum. Er wird von neugotischen Kreuzwegstationen begleitet, die im Jahre 1855 durch den Schullehrerseminar-Präfekten Franz Xaver Steger mit Hilfe von Wohltätern errichtet wurden. Erst 1875 ersetzte man die ursprünglichen Ölgemälde durch die in Regensburg angefertigten gußeisernen Stationstafeln.
Der Lauf der Zeit konnte der Verehrung des Frauenberg-Heiligtums mit seinem Gnadenbild keinen Abbruch tun. Zusätzlich gefördert wurde die Wallfahrt im Jahre 1823 durch die Gewährung des vollkommenen Ablasses während des Frauendreißigers durch Papst Leo XII. Auf die frühen 30er Jahre unsere Jahrhunderts gehen die alljährlichen Fatimawallfahrten zurück, die als Reaktion auf die kirchenfeindlichen Strömungen des Nationalsozialimus begründet worden waren.
Das romantische Kirchlein hat als beliebte Hochzeitskapelle nicht nur die Eheversprechen ungezählter Paare erlebt. (Anfragen: Telefon/Fax 08421/901350) Auch den alltäglichen Besucher lädt es zur Einkehr und stillen Besinnung ein.
Die Veröffentlichung des Kirchenführertextes (1997) erfolgt mit freundlicher Genehmigung durch H. Herrn Domparrer Mattes und Wieland Graf.

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