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Das Haus Marktplatz 9
Erarbeitung der historischen Daten durch Magdalena Schick, Eichstätt im Mai 1998

Nach der Errichtung eines Fachwerkneubaus im Jahre 1313 wird 32 Jahre später erstmals eine Besitzerin in dem domkapitlischen Zinsbuch von 1345 erwähnt. Der Originaltext in der Archivalie lautet:
Item de domo dicte Ewilgerinne apud parochiam unum librum hallensis in festo Petri et Pauli
(Außerdem vom Haus der sog. Ewilgerinne bei der Pfarrkirche ein Pfund Heller am Fest Peter und Pauls.)
Man beachte die Tatsache, daß zu dieser Zeit nicht mehr von einem halben Haus (wie in der Urkunde)die Rede ist, sondern eben von einem Haus! Leider ist es mir nicht gelungen, etwas Näheres über diese ominöse Ewilgerinne zu erfahren. Weder in den zeitlich entsprechenden Archivalien des Nürnberger Staats- noch in denen des Eichstätter Stadtarchivs war ein Hinweis zu finden.
Aus dem Jahre 1447 stammen die beiden nächsten Hinweise auf den damaligen Besitzer des Hauses Marktplatz 9. In einer späteren Abschrift des domkapitlischen Salbuchs von 1447 ist vermerkt: ,,Item Hermanus Kalmüntzer dat de domo sua juxta parochiam sita quae quon-dam fuit Georgii et Petri Flachen 4 libras in festo Petri et Pauli Apostolorum' (Außerdem Herman Kalmüntzer gibt von seinem Haus, nahe der Stadtkirche gelegen, das ehedem Georg und Peter Flach gehörte, vier Pfund am Fest der Apostel Peter und Paul.)
Bemerkenswert ist im übrigen, daß alle Zinsleistungen an das Domkapitel in dieser Abschrift in einer falschen Münzeinheit angeben werden, nämlich z.B. in unserem Fall 4 Pfund statt 4 Schillingpfennige.

Erstmals nun taucht, wie oben angedeutet, eine zweite Abgabenleistung auf dem Anwesen Marktplatz 9 auf. Im Zinsbuch des Hof- und Stadtkastenamts von 1447, der Steuerbehörde des Bischofs selbst, ist verzeichnet:
,,Herman Calmünzer gibt drei Pfund Pfeffers aus seinem Haus vor der Pfarr und Paradeys gelegen.'
Auf Grund dieses Hinweises auf die ehemaligen Besitzer Georg und Peter Flach im Salbucheintrag des Domkapitels kann man beginnen, auf die gesellschaftliche Stellung der zu dieser Zeit im Haus am Markt 'residierenden' Familien Rückschlüsse zu ziehen. Der Eichstätter Bürger Chunrad der Flache, Mitglied des geschworenen Rates, ist 1407 Pfleger des Neuen Ewigen Almosens der Pfarrkirche U.L.Frau. Georg Flach, wohl dessen Sohn, übt 1427 dasselbe Amt aus und ist, obwohl in der einschlägigen Urkunde nicht ausdrücklich so bezeichnet, schon auf Grund dieser Aufgabe Ratsmitglied. Nie war ein Bürger der Mittel- oder Unterschicht Mitbeteiligter dieser Ratsgemeinschaft, die lange Jahrhunderte aus Vertretern wohlhabender Kaufmanns- und Handwerkerfamilien bestand.
Der Georg und Peter Flach nachfolgende Besitzer des 'Hauses vor der Pfarr', Herman Kalmüntzer, gehört ohne Zweifel der obersten Bürgerschicht im spätmittelalterlichen Eichstätt an.
Von 1454 bis 1463 ist er Mitglied des Inneren Rates, zeitenweise Bürgermeister von Beruf Tuchmacher, Handelsherr und 1453 einer der beiden Stifter der Mariahilfkapelle in der Westenvorstadt.
In Langs ,,Geschichte des Bayr. Herzogs Ludwig des Bärtigen zu Ingolstadt', 1821 in Nürnberg erschienen, steht verzeichnet:
,,... der Fürst bezog ... sonst für seine Hofhaltung bei den Handelsleuten Kalmunzer und Kramer und dem Lorenz Kastner in Eichstätt Gewürze, Heringe, Wachs, Zucker, Leinwand, Zwilch...'
Von den von Lang angegebenen Warenpreisen aus dem Jahre 1442 beim Hause Kalmünzer möchte ich hier nur einige nennen, vor allem um aufzuzeigen, über welches Warenangebot ein Eichstätter Handelshaus in der Mitte des 15. Jahrhunderts verfügte:
ein Pfund Wachs 30 Pfennig
ein Pfund Mandel 22 Pfennig
ein Pfund Zucker ein halber Gulden
ein Eimer Frankenwein 13 Schillingpfennig
drei und einhalb Pfund Ingwer ein Gulden
ein und einhalb Pfund Roxel (Zimt) ein Gulden
ein Pfund Nägelein (Nelken) ein Gulden
ein Pfund Safran drei Gulden
eine Tonne Heringe neun Gulden
ein Zentner Feigen drei und einhalb Gulden
fünfzehn Stockfisch zwei Gulden
ein Pfund Rosinen 21 Pfennig
ein Pfund Muskat ein halber Gulden
(Als Kostenvergleich sei an dieser Stelle der Preis von 8 Pfennigen für ein ,,Faßnachthuhn' erwähnt.)

Dieser Herman Kalmuntzer also war ein großer Handelsmann, ein angesehener Bürger, reich an Besitz und Einfluß.
Flachenecker erwähnt in seinem Buch ,,Eine geistliche Stadt' in einem anderen Zusammenhang diesen Eichstätter Bürger. 1456 nämlich bat,,... Kalmunzer den Nördlinger Bürgermeister Heinrich Mulner, ob er ihm für den Bau von drei Häusern und einer Badestube einen bestimmten Nördlinger Baumeister überließe, falls ihn die Stadt Nördlingen nicht gerade selbst benötigte".
Diese dann von Kalmunzer wirklich erbaute Badstube und die neuen Behausungen werden im übrigen schon 1457 in einer Urkunde erwähnt und sind gelegen ,,... do westen in der Innern vorstat...'.

Zur Zeit Herman Calmunzers steht das Erdgeschoß des Hauses Marktptatz 9 wohl gänzlich im Dienste des Handels, von dem wir aus den oben angeführten Quellen Kunde haben. Auf Grund baulicher Merkmal (Rest des originalen Querunterzuges im heutigen vorderen Cafebereich aus dem Jahre 1313) könnte die erste Hauszone im 15. Jahrhundert in Richtung Marktplatz hin noch eine offene Verkaufsfläche gewesen sein.
Ob der Handelsherr Hermann Calmunzer und nach ihm sein Sohn Leonhard, Tuchmacher und Mitglied des Äußeren Rats, im Haus Marktplatz 9, d.h. in den oberen Räumen gewohnt hat, ist keinesfalls sicher. Wirklich reiche und angesehene Bürger hatten zu allen Zeiten auch in Eichstätt mehrere Häuser im Innenstadtbereich zu Eigentum und nur selten ist in den entsprechenden Archivalien vermerkt'... worinnen er selbst wohnt'.

Wir hörten oben von einem Lorenz Kastner, der ebenfalls den Ingolstädter Hof als Handelsmann mit Waren belieferte.
Am 27.3.1482 verkaufen Erhard und Barbara Kastner (wohl Sohn und Schwiegertochter des Lorenz Kastner) an den Bruder Cunrad und Ehefrau Magdalena, Bürger zu Salzburg, ,,Haus und Hofraith am ögk bey U.L.Frau, gegen dem Rathaus über'.
Doch schon vier Monate später, nämlich am 18.Juli 1482, geht der Besitz an dem,,... Haus und der Hofraith am egk zunächst bei U.L.Frau an das paradeis stössend und gegen das Rathaus, freys aigen außer 3 Pfund Pfeffer an den Bischof und 1/2 Pfund Pfennig an die Oblei ..' an den Rat der Stadt um 475 Gulden.
Offenbar erwirbt der ehemalige Besitzer Erhard Kastner sein Haus von neuem, denn 1498 wird er in einem Rechtsstreit um einen Hof, bei St. Walburg am Kirchberg gelegen, als Besitzer eines Hauses am Markt und eines anderen in der Webergasse bezeichnet.
1511 übergibt Anna Besler, Tochter des Erhard Kastner und Witwe des Linhard Tuchheffters, in einem Gewaltbrief alle ihre Ansprüche auf ein Eckhaus an der Kirchgassen bei U.L.F. Kirche gegen dem Rathaus über und andere Objekte an Hans Newkam, ,,den man franncken nennt'. Dieser handelt stets in ihrem Auftrag, die Objekte sind nicht sein eigen Gut.
Noch interessanter für die Geschichte des Hauses Marktplatz 9 ist die Aufzeichnung über eine ,,Irrung', d.h. eine Streitsache auch aus dem Jahre 1511 (Samstag nach Christi Himmelfahrt) zwischen dem Predigerkloster und Anna Besler, in der es wieder um verschiedene Schuldforderungen geht und in der als Bestandteil der Gerichtsentscheidung die Rede ist von einer,,... Gewandpreß und was dazu gehört bey dem prunnen am Markt liegend ...'

Die ,,Rätsel' Rathaus und Marktbrunnen

Aus den oben vorgestellten archivalischen Funden in Salbüchern und Urkunden seit dem Jahre 1447 konnten aufschlußreiche neue Erkenntnisse gewonnen werden, es ergeben sich aber auch in der Stadtforschung bisher unbekannte Probleme, die den zentralen Stadtbereich, nämlich Marktplatz und Rathaus, betreffen. So taucht erstmals 1482 anläßlich des Verkaufs an den Bruder Cunrad Kastner in Salzburg als gegenüberliegender Nachbar des Hauses Marktplatz 9 das Rathaus auf. Wäre ein Vorgängerbau vor seiner als sicher geltenden Erbauung im Jahre 1444 an derselben Stelle gestanden, warum ist dann in keiner der Archivalien, die das Haus am Markt betreffen, von einem doch im städtischen Leben so wichtigen Gebäude die Rede? Diese Frage bedarf der Klärung, weitereForschungsarbeit ist nötig.
1511 wird der Erbin Erhard Kastners, der Anna Besler, einer Tuchheffterswitwe, in einem Rechtsstreit mit dem Predigerkloster und anderen Kontrahenten neben Ewiggeldansprüchen u.a. der Besitz an einer Gewandpreß und was dazu gehört bei dem Brunnen am Markt liegend zuerkannt.
Wo lag dieser Brunnen am Markt? Ist es vorstellbar, daß ein privates ,,Produktionsmittel', eine Gewandpresse, für deren Funktion eventuell Wasser nötig war, bei einem öffentlichen Brunnen installiert werden durfte?
Grabungsarbeiten im Jahre 1988 bestätigten das Vorhandensein eines wohl 600 Jahre alten Schöpfbrunnens am Marktplatz nicht weit vom Hause Marktplatz 9 entfernt gelegen, der erst im 19. Jahrhundert nach der Einrichtung einer modernen Wasserversorgung zugeschüttet worden war.
Sollte der 'Brunnen am Markt' mit dem bei den Ausgrabungen am Marktplatz gefundenen identisch sein, war letzterer eventuell kein öffentlicher Brunnen, sondern zumindest im hohen und späten Mittelalter Privatbesitz der Bewohner des Hauses Marktplatz 9.
Im übrigen sind Lage und Funktion aller im Stadtgebiet Eichstätts ehedem vorhandenen Brunnen noch sehr lückenhaft erforscht, gewisse als sicher angenommene Schöpfquellen wie z.B. der 'Prunn bei der Pfarr' geben durchaus noch Rätsel auf.

Zurück zur Geschichte des Hauses Marktplatz 9

Im Zinsbuch des Hof- und Stadtkastenamts von 1525 ist vermerkt:
Hans Reiselberger: 3 Pfund Pfeffer
Reiselberger war von Beruf Weinschenk, im Jahre 1500 Mitglied des Äußeren, anno 1503 des Inneren Rats und ab 1506 Unterspitalmeister. Ob er das Gewerbe des Weinschenken und Weinhändlers in Marktplatz 9 ausübte, ist nicht festzustellen.
Sollte das ehedem zum Marktplatz hin offene Erdgeschoß um diese Zeit mit einer vorgezogenen Giebelwand geschlossen worden sein, wie die Gebrüder Kirchner vermuten, ist ein Weinschenk und -handelsbetrieb im heutigen vorderen Cafebereich vorstellbar.

Von 1551 bis 1557 wird in denjeweiligen Stadtkastenzinsbüchem Thoma Nuding genannt. Er gibt aus seiner Behausung zwischen der Pfarrkirchen und dem Rathaus gelegen: 3 Pfund Pfeffer
Das domkapitlische Obleyamt vermerkt in den Rechnungsbüchern der Jahre 1580 und 1590 die uns schon seit 1248 bekannten vier Schillingpfennige gezahlt von Thomas Nuding.
Wer ist dieser Thomas Nuding? Ich habe in den Archivalien keine Angaben über seinen Beruf gefunden, über seine Stellung in der Stadtöffenlichkeit in einer Urkunde nur die kurze Bemerkung ,,Bürger und des Rathes...'
Die Aufzeichnungen der Pfarrmatrikel im Diözesanarchiv Eichstätt beginnen mit dem Jahr 1585. Zu dieser Zeit ist Thomas Nuding jedoch schon tot. Diese Tatsache geht aus der folgenden Urkunde hervor, die im übrigen nicht nur für die Erforschung der Geschichte des Hauses Marktplatz 9 von großem Interesse war.

Der Ewigzins von 1585 an Bischof Martin von Schaumberg

Am 2.5.1585 bestätigt Martin, Bischof von Eystett, daß,,... Maria Mosnerin, weiland unseres Bürgers und Raths allhier, Thoman Nuedings hinterlassene Wittib ...' 270 Gulden Rheinisch jährlichen Ewigzins um 6000 Gulden erkauft hat. Der Zins ist jeweils am Walpurgistag zu zahlen.
Die Urkunde ist gesiegelt von Hiltprandt Tiermayr, der Rechte Doktor und Ihrer Gnaden Rath, Tochtermann der Maria Mosnerin.
Im Klartext: Fürstbischof Martin von Schaumberg (1560-1590) borgte von einer offensichtlich wohlhabenden Eichstätter Bürgerin, eben jener Maria Mosnerin, 6000 Gulden zu einem jährlichen Zins von 4 1/2 Prozent.
NB.: der im Hochstift lange Jahrhunderte übliche Jahreszins betrug stets fünf Prozent!) Dorsalnotizen auf der Urkunde von 1585 geben interessante Aufschlüsse sowohl über Schwierigkeiten der Rückforderung durch Schwiegersohn und dritten Ehemann der Mosnerin als auch über die Familienverhältnisse der Nachkommen des Thomas Nuding.
In mehreren 'unterthenigen Begehrn' in den Jahren 1588, 1602 und 1605 drängen der Schwiegersohn der Mosnerin, Dr. Hiltprandt Thiermayer, fürstbischöflicher Rath und Vicekanzler, sowie ab 1602 Georg Graf, Witwer der Maria Mosnerin und fürstlicher Rentmeister, auf Rückzahlung des Darlehens.
Dies geschieht in Raten unter Bischof Martin von Schaumberg, Kaspar von Sekkendorf und Johann Konrad von Gemmingen und zieht sich hin bis zum Jahre 1610. Eine erstaunliche und doch recht befremdliche Dokumentation der gelinde gesagt lässigen Zahlungsmoral dreier Fürstbischöfe!
Die Zeit der Hofbeamten
Besitzer des Hauses Marktplatz 9 ist bis zu seinem Tode 1616 der fürstl. Rentmeister Hans Georg Graf, der es offensichtlich von seiner Ehefrau Maria, verw. Nueding und verw. Mosner nach deren Tod im Jahre 1602 geerbt hatte. Seine Witwe Anna, eine Tochter des fürstlichen Dieners Christof Schubmaier, bleibt im Besitz des Anwesens bis 1660.
In den Rechnungen des domkapitl. Obleyamtes werden von 1601 bis 1660 die obligatorischen 4 Schillingpfennige als Zinszahlungen des Herrn Georg Graf, Rentmeister, und ab 1616 die seiner Witwe ausgewiesen.
Betrachtet man die Besitzer von Marktplatz 9 seit dem Ende des 16.Jahrhunderts, so kann man feststellen, daß sowohl Töchter als Witwen dieser wohlhabender Bürger, Händler und Handwerker in gesellschaftlich hohe, im Hofdienst stehende Familien einheiraten.
Mehr als ein halbes Jahrhundert besitzen ein fürstlicher Rentmeister und nach dessen Tod seine Witwe das Haus am Markt zwischen der Pfarrkirche und dem Rathaus. Man übersteht offensichtlich ohne bauliche Schäden den Dreißigjährigen Krieg, rings am Marktplatz und in den Marktgassen umgeben von zumindest teilweise abgebrannten und verlassenen Hofstätten und Häusern.

Im Verzeichnis der 'Bürgerlichen Steur der Statt Eystett von Anno 1670' steht unter ,,Paradeys' geschrieben: H. Georg Reiser Hochf. Leibbarbierer: 7 Gulden 30Kr.
Auch der folgende Besitzer des Anwesens ist also ein Hofbediensteter, Herr Georg Reiser, Ihrer Hochf. Gnaden Barbierer. Er stammt, wie übrigens sehr viele Hofbedienstete, weder aus der Stadt noch aus dem Hochstift Eichstätt, sondern in diesem Fall aus Grabstetten in Württemberg, ist von Beruf Chyrurg und der Sohn des Wirts und Fuhrmanns Georg Raiser. Er heiratet 1653 in Eichstätt in der Pfarrkirche U.L.Frau Anna Maria Götz, die Tochter des Bürgers und Glasers Georg Göz.
1686 stirbt er als Hofbarbierer eines plötzlichen Todes und wird in der Pfarrkirche begraben, was nur mit Hilfe einer entsprechenden Geldgabe zu Gunsten des Pfärrstiftes möglich war.
Die Besitzerreihe der Hofbediensteten wird, wie aus dem Salbuch von 1696 ersichtlich, fortgesetzt mit: ,,Herr Georg Ehrenreich Schwingenstein Hoff Balbierer"
Er stammte aus Reifenstein in Östereich und heiratete 1689 in Eichstätt Anna, die Tochter des Bürgers und Oberjägers Georg Götz aus Grabenstetten in Württemberg.
Die für uns offensichtlich schwierige verwandtschaftliche Verflechtung der beiden Hofbalbierer ist nachträglich kaum entwirrbar, wird aber noch komplizierter, wenn man die Bewohner von Brodhausgasse 1 in der entsprechenden Zeitspanne mit einbezieht. Doch davon später!
Der Besitz des Schwingenstein wird 1696 wie folgt beschrieben:
,,1 Haus zinst dem Hoff Castenambt Weynachten 3 Pfund pfeffer hat unden lauter Läden'
Der Schätzwert des Hauses beträgt 350 Gulden. Außerdem besitzt Schwingenstein einen Garten zu Westen, der mit 125 Gulden bewertet wird.
In den Jahren zwischen 1660 und 1728, als die beiden Hofbalbierer Raiser und Schwingenstein Eigentümer des Hauses Marktplatz 9 waren, könnte es seine vorgeblendete Barockfassade erhalten haben. Die Gebrüder Kirchner vermuten allerdings, daß zeitgleich mit der Erhöhung der Südtraufe zur Aufnahme eines Wohngeschosses im Dachbereich, dendrochronologisch für das Jahr 1774 gesichert, die Marktplatzseite des Hauses zum spätbarocken Schaugiebel umgestaltet wurde.

Die Hauseigentümer im 18. und 19.Jahrhundert
Die Suche nach Hauseigentümern wird im 18. Jahrhundert etwas einfacher, da im Staatsarchiv Nürnberg die sog. Kaufprotokolle des Stadtgerichts Eichstätt eingesehen werden können. Sie beginnen mit dem Jahre 1710, sind allerdings nicht lückenlos bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, als man 1809 die Vorläufer der Kataster, die sog. Besitzfassionen anlegte, vorhanden.
Der Hofbalbierer Schwingenstein hatte offensichtlich keine erbberechtigten Nachkommen, als er 1728 starb.
In einem Kaufprotokoll vom 1. Juni 1728 ist aufgezeichnet:
,,Magdalena Feuerlin, noch ledigen Standes, verkauft die von ihrem Vetter Herrn Georg Ehrenreich Schwingenstein, gewestem Hochf. Hofbalbierer ererbte Behausung vorne an den Markt hinten an Barthlme Tausmann, Bg. und Handelsmann, stoßend, wie vor alters mit 3 Läden versehen, frei, eigen, außer 3 Pfund Pfeffer an das Hofkastenamt und 4 Schillingpfennige in die Oblay an Johann Vollhan, Bürger und Cramer, Anna Maria dessen Ehefrau um 1300 G und 100 G Leykauf. Bis zur vollständigen Bezahlung besteht ein Wohnrecht der M. Feuerlin im Haus.
Die Kramerseheleute Vollhan borgen 1737 von der Hochf. Hofkammer 1000 G Verzinsliches , um auf die Frankfurter Messe reisen und einkaufen zu können, die jährliche Rückzahlungssumme beträgt 300 Gulden, als Sicherheit verschreiben sie den Gläubigern ihre nächst an der Stadtpfarrkirche stehende Behausung.
Am 29.8.1763 kommt das Anwesendes Vollhan zur Versteigerung.
Der Bortenmacher Franz Anton Österreicher kauft aus der Vollhan'schen Gantmasse Haus Marktplatz 9 um 2150 Gulden.
Österreicher, als Bürgerrneister ein in der Stadt sicher angesehener Mann, hinterläßt seiner Witwe Katharina Haus und Bortenwirkergewerbe, die sie in den ersten Katasteraufzeichnungen, in den Besitzfassionen von 1809, noch innehat. Am 28.Jan. 1812 schreibt Chatharina Oestreicherin, Bürgermeisters- Handelsmanns- und Bortenwirkers- Wittwe im Intelligenzblatt (damalige Zeitung) zum öffentlichen Verkauf ihr mit 2 Läden versehenes Haus am Marktplatz, bei der alten Stadtpfarrkirche, Lit.B 141 aus. Beide Grundzinsleistungen an das Hofkastenamt und in die Domkapitelobley werden genannt.
Das Verkaufsobjekt wird wie folgt geschildert:
6 heizbare Zimmer mit eisernen Öfen, 5 Kammern und drei Küchen, 3 Keller -auf dem Haus liegt eine reale Handlungsgerechtsame mit Ellen- und Spezerey-Waren, auf den beiden kleinen Läden Hockerey (Krämerei)-, Bortenwirkergerechtsame mit aller Einrichtung: 3 Wirkstühle, Spulen, Haspeln, Spulräder, eine neue Maschine zu Gold- und Silberspinnen, eine französische Scharnilsmaschin(?).
Weitere Verkaufsbedingungen sollten in der Behausung des Witwe im 3.Stock zu erfragen sein.
Im Urkataster der Steuergemeinde Eichstätt aus dem Jahre 1839 ist unter Lit.B 141 der Schuhmacher Johann Hekel eingetragen. Sein Besitz wird wie folgt beschrieben:
Plan Nr.162 Grundfläche 4 Dezimal (etwa 120 qm)
Haus, auf welchem dermal eine reale Schuhmachersgerechtsame ausgeübt wird. Dreistöckiges Wohnhaus, Keller und Holzremise unter einem Dach
eigen, jedoch zum kgl. Rentamt, vormals fürstliches Hofkastenamt für 3 Pfund Pfeffer Zins oder 3 Gulden zum domkapitl. Obleiamt Grundzins 28 Kreuzer u. 4 Heller.
Am 1 .Febr. 1816 mit einer veräußerten Handels- und einer eingegangenen Fürlegersgerechtsame in Gemeinschaft mit der Ehefrau Maria Anna, geb. De Crignis um 2060 Gulden von Vorleger Thomas Wittmann in Eichstätt erkauft.
Ab 1892 ist das Anwesen im Besitz der Schneiderseheleute Karl und Anna Feser und deren Erben.
1983 erwirbt Dr. Ludwig Bauer das bereits zum Abbruch empfohlene Haus, saniert und renoviert es in vorbildlicher Weise.
05.04.1999 Wenn Sie einen Fehler finden sagen Sie es uns, bei dem Text wäre es kein Wunder...

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